Ein Reisebericht in vier Akten
Episode 3 - Sonnabend, 7. Juni 2014
Am nächsten Morgen gab es Hostel-Frühstück mit
selbstgekauften Cornflakes (oder Mini-Weetabix, die ich inzwischen auch in
Bergen entdeckt habe, an deren Existenz in Deutschland ich mich aber nicht
erinnern kann) und Tee. Die Milch kommt in Irland aus Weichspüler-Flaschen und
die Butter ist nicht ganz so salzig wie in Norwegen, aber zumindest meine
Koffeinsucht würde mir an diesem Tag Tee sei dank keine Probleme bereiten.
Für den heutigen Tag hatten wir bereits am Freitag Tickets
für einen Bus gekauft, der im Zwei-Stunden-Takt diverse Sehenswürdigkeiten der
Umgebung anfuhr und Ravna war äußerst skeptisch. Eine Busreise! Das klang
verdächtig nach Rentnerpauschalurlaub mit Schafherdenfeeling. Glücklicherweise
stellte sich diesesmal aber heraus, das Ravna einmal mehr einem Vorurteil
aufgesessen war.
Der erste Bus fuhr um 9:30 nach Blarney Castle. Das ist zwar
kein Sakralbau, aber ersteinmal trotzdem eine ziemlich schöne Burg. Nebenbei
(oder hauptsächlich) ist es auch eine der bekanntesten Touristenattraktionen
Irlands, weil es nämlich ganz oben auf der Burg einen Stein gibt, der einem
durch Küssen desselben die Gabe der Redegewandtheit verleihen soll. Mir und
meiner Angsthasenklaustrophobie war die Schlange durch die engen Gänge bis ganz
oben ein bisschen mehr Ausdrucksfähigkeit allerdings nicht wert, auch wenn ich
mir gerne die Aussicht und die Burg ein bisschen näher besehen hätte.
Und wer
weiß, vielleicht hilft das ganze ja auch nur auf Englisch. Wir durchwanderten
daher lieber die umliegenden Gärten, in denen es unter anderem auch noch eine
Wunschtreppe gibt und veranstalteten das traditionelle
Kaline-und-Ravna-auf-Reisen-Picknick mit Brot und Käse.
Nach zwei Stunden standen wir wieder am Bus um weiter nach
Cobh zu fahren. Cobh hieß früher einmal Queenstown und war der letzte Hafen, in
dem die Titanic Passagiere mitnahm (und absetzte), bevor sie richtung Amerika
fuhr und unterging. Im ehemaligen Fahrkartenverkauf- und Bürogebäude gibt es
heute ein Museum, in das man nur mit Führung hineinkommt, und das sogar richtig
interessant sein könnte - unser Guide
war allerdings so routiniert und schnellsprechend, dass irgendwie die Spannung
verloren ging, und die Tatsache, dass sie bei jedem Halt nur die Hälfte selbst
sagte, bevor ein Tonband übernahm, machte die Sache auch nicht besser. Aber
vielleicht bin ich ja auch nur überkritisch und habe Angst, am Ende des Sommers
selbst gelangweilt und computerartig zu klingen. Mein Ticket wies mich als
Jeannie Carr, 45, 3. Klasse aus und leider bin ich beim Untergang verstorben.
Als ich noch ein regelmäßiger Nutzer der Stadtteilbibliothek
Pankow war, war ein Buch mit auf Fakten basierenden fiktionalen Geschichten namens
„Die Nacht, als die Titanic sank“ eines meiner Lieblingsbücher, aber die Lücken
in meiner Filmausbildung zeigten sich wieder einmal, als Kaline mich am Ende
der Ausstellung fragte, ob es denn in der Passagierliste auch eine „Rose“ gäbe –
ich fragte mich eine ganze Weile, was in aller Welt Rose Tyler auf der Titanic
zu suchen hätte.
Als letzten Stopp hatten wir die Wahl zwischen einer Whisky-Destillerie und einem Tierpark. Whisky ist nicht so
spannend, wenn man ihn nicht mag und außerdem war das Wetter inzwischen wieder
schön, also gingen wir lieber in den Tierpark. Die Fortsetzung unseres
Picknicks wurde allerdings zuerst von zwei Affen unterbrochen, die sehr an unserem
Käse interessiert waren, und dann landete noch ein großer Klecks
Rabenhinterlassenschaft auf meiner Hand und meinem Knie, sodass ich den größten
Teil der Picknickzeit schrubbend im Bad verbrachte.
Auf der Rückfahrt nach Cork wurden wir von einer Gruppe
Schotten auf Junggesellenabschied unterhalten – am Morgen hatte sich der
Linguist in mir noch über die Möglichkeit gefreut, sie während der Fahrt
belauschen zu können, aber auch der schönste Akzent der Welt ist nach
Überschreitung einer gewissen Promillegrenze keine Rettung mehr für eine
Komposition aus „American Pie“ und einem Lied über „Come-on-bert“.
Am Abend gingen wir in die Oper – oder nicht ganz, denn auch
wenn es das „Cork Opera House“ war, handelte es sich um eine Schülervorstellung
einer Theatergruppe und die Beiträge varierten zwischen „furchtbar niedlich“
und „furchtbar gut. Kaline hatte sogar ein Kleid mit, und da Ravna ja generell
kuhl ist, sich sowieso nie schminkt und sich nicht dafür interessiert, was
andere Leute über ihre Klamotten denken, machte sie sich fürchterliche Gedanken
darüber, keine Alternative zu ihren Leichtwanderschuhen in Hellblau mit
Kaffeefleck eingepackt zu haben.
Eine unserer neuen Zimmermitbewohnerinnen für diese Nacht war
auch Au pair, die andere bekam ich nie zu Gesicht, denn in dieser Nacht rauchte
niemand auf seinem Zimmer und sie war bereits verschwunden, als wir am näcshten
Morgen aufstanden.
Fortsetzung folgt.
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