Es regnet in Bergen. Was nach insgesamt 20 Monaten in der
nassesten Ecke Europas nun wirklich keine Überraschung mehr sein dürfte. Mein
immer noch stetig präsenter Drang, mit meinen Mitmenschen die unterschiedlichen
Stadien von Nieselregen über Bindfäden bis
Waagerecht-bei-100-Prozent-Luftfeuchtigkeit und die Häufigkeit ihres Auftretens
zu diskutieren, zeigt vielleicht auch nur meine fortschreitende Verwandlung in
einen Einheimischen. Denn egal, seit wie vielen Tagen es nun schon wieder
Wetter gibt, eine Unterhaltung lässt sich darüber immer noch führen.
Letzten Montag schien beispielsweise vormittags die Sonne,
als ich gerade in der Vorlesung über verschiedene Haltungen zum norwegischen
Impfprogramm und deren kulturelle Ursachen und Wirkungen saß. Nach einigen
langen Wochen voll grauer Wolken und künstlichem Licht war das eine wirkliche
Abwechslung – bis der Dozent, dessen Kleidungsstil auf geradezu gruselige Weise
dem meines Vaters ähnelt, die Vorhänge vorzog. Als ich nach zwei Stunden
Vorlesung und zwei Stunden äußerst sinnloser Gruppenarbeit (das Prinzip
Gruppendiskussion scheint in weiten Teilen der norwegischen Bevölkerung vor
Aufnahme eines Studiums unbekannt zu sein) die Uni verließ, regnete es Stärke
Zimmerblumengießkanne und als ich abends von einem verlängerten Tanzvereinabend
mit Sahnetorte wiederkam, waren wir bei Stärke Gartengießkanne mit Schwung.
Am Dienstag und Mittwoch gab es blauesten Himmel und
Sonnenschein und vor lauter Schreck über dieses ungewöhnliche Ereignis, verkroch
sich Ravna ängstlich im nächstliegenden unterirdischen Parkhaus. Da fand
nämlich eine Ausbildungsmesse statt, auf der auch YFU einen Stand hatte. Mit
meiner grundlegenden Angst, fremde Menschen anzusprechen, bin ich sowieso schon
die perfekte Besetzung für jegliche Art von Öffentlichkeitsarbeit – kombiniert mit
der Tatsache, dass man in Norwegen ganz offensichtlich auch als Messebesucher
viel daran setzt, Kontakt zu Fremden möglichst zu vermeiden, waren die sechs Stunden Arbeit ein
voller Erfolg. Aber was tut man nicht
alles für seine Lieblingssekte seinen Lieblingsverein.
Am Donnerstag waren wir zurück bei Zimmerblumengießkannenwetter
mit Windeinschlag, am Freitag tröpfelte es so vor sich hin und übers Wochenende
erreichten wir die Stufe Waagerecht-bei-100-Prozent-Luftfeuchtigkeit – was der
größten regionalen Zeitung der Gegend tatsächlich einen Artikel wert war: „Es
war das Wochenende, an dem die Regenschirme starben“.
Es war auch das Wochenende, das Ravna endlich einmal wieder
in ihrem Museum verbringen durfte. Die Wetterlage trieb verzweifelte Spanier in
durchweichten Daunenjacken und komplett in Gore-Tex gewickelte Niederländer
scharenweise zu uns und hätten wir statt Archäologie Gummistiefel zu vermarkten,
wäre es das umsatzreichste Wochenende des Jahres geworden.
Nächste Woche sind Winterferien, allerdings nur für eines von zwei Fächern und auch nicht offiziell. Auf Universitätsnorwegisch heißt das nämlich Lesewoche. Klingt ja auch viel akademischer und es ist ja nicht so, dass man bei sechs Stunden Vorlesung die Woche sonst zu wenig Zeit hat, in seine Bücher zu gucken.
Ansonsten semestert das Semester so vor sich hin und Spotify spielt gerade einen Werbespot für ein Gewinnspiel, bei dem man seinen Kopf in 3D drucken und in Oslo ausgestellt bekommen lassen kann - wer will denn sowas?
Nächste Woche sind Winterferien, allerdings nur für eines von zwei Fächern und auch nicht offiziell. Auf Universitätsnorwegisch heißt das nämlich Lesewoche. Klingt ja auch viel akademischer und es ist ja nicht so, dass man bei sechs Stunden Vorlesung die Woche sonst zu wenig Zeit hat, in seine Bücher zu gucken.
Ansonsten semestert das Semester so vor sich hin und Spotify spielt gerade einen Werbespot für ein Gewinnspiel, bei dem man seinen Kopf in 3D drucken und in Oslo ausgestellt bekommen lassen kann - wer will denn sowas?