Ein Reisebericht in vier Akten
Episode 2 - Freitag, 6. Juni 2014
Am nächsten Tag gilt es noch einmal, zu äußerst
unchristlichen Zeiten aufzustehen und da es zum Frühstück Cornflakes und
Orangensaft gibt (Von Tesco! Tesco existiert tatsächlich!) meldet sich auch
bald meine Koffeinabhängigkeit. Kalines Zeitrechnung ist auf Kinderbeine
justiert, sodass wir trotz achtminütiger Verspätung unsererseits noch rechtzeitig
den Bus zurück nach Cork erwischen. Irische Busfahrer scheinen allgemein zu den
besonders netten Menschen zu gehören und daher werde ich einfach durchgewunken,
obwohl meine Fahrkarte eigentlich erst ab der nächsten Stadt gültig ist.
Draußen tröpfelt es vor sich hin und die Flutwarnung im Fernsehen macht die
Aussichten auch nicht besser. Im für die nächsten zwei Nächte gebuchten Hostel
in Cork kann man erst ab 11:00 einchecken, daher geben wir nur unser Gepäck ab
und machen uns auf den Weg zurück zur Busstation. Von dort aus geht es nach
Clonakilty.
Clonakilty |
Clonakilty ist unter anderem die erste „Fair-Trade-Stadt“
Irlands, liegt an der Küste und es soll dort ein paar wunderschöne Strände
geben. Aber nachdem ich in den letzten Wochen in der regenreichsten Stadt
Europas so braun geworden war wie schon seit Jahren nicht mehr (und ich war
immerhin 2012 in Barcelona), goss es natürlich pünktlich zum ersten
Strandbesuch des Sommers wie aus Gießkannen. Wir flüchteten für eine Weile in
einen Buchladen, wo ich ein Buch mit irischen Märchen und Kaline ein
wunderbares Kinderbuch über den Wal und die Schnecke mit dem juckenden Fuß erstand,
fanden ein nettes Kafè und später ein Modelleisenbahnmuseum, in dem es
allerdings dank der Lage unter freiem Himmel ebenfalls regnete. Kaline brachte
ein bisschen Sommerstimmung in die ganze Sache und aß ein Eis und Ravnas Liebe
zu Sakralbauten erforderte einen Besuch der Kirche der Unbefleckten Empfängnis. Allerdings gab es dort so viele ins Gebet vertiefte Gläubige, dass wir es beim
Im-Türrahmen-Stehen
beließen. Nach einem Besuch in Clonakiltys niedlichster
Straße, Spillers Lane und dem dortigen Second-Hand-Shop (in dem es einen Stapel
mit 20 Star-Trek-Taschenbüchern zu 50 Cent das Stück
Spillers Lane |
gab – warum bin ich bloß nur
mit Handgepäck gereist?) setzten sich zwei durchnässte Deutsche in den Bus
zurück nach Cork, wo nun auch unsere Hostelbetten einzugsbereit waren. Eine
unserer zwei Zimmermitbewohnerinnen war bereits da, allerdings war sie eher
weniger gesprächsbereit (oder auch nur wie Ravna und Kaline – weltgewand,
bereist und schüchtern?). Sie konnte Deutsch mit einem Akzent, der Englisch als
Muttersprache vermuten ließ, las die Bibel und verschwand bald nach unserer
Ankunft. Ravna las das Märchen von Connla und der schönen Jungfrau vor, wir
aßen Abendbrot beim Nudelkönig und Kaline las die Geschichte vom Wal und der
Schnecke mit dem juckenden Fuß vor. Unsere nächste Zimmermitbewohnerin glich
die Schweigsamkeit der ersten aus, kam herein, stellte tausende Fragen und
kommentierte jede Antwort mit „Awesome!“.
Spillers Lane |
Bis zum Ertönen des Feueralarms gegen 03:50 war die Nacht
beinahe ruhiger als an manchem Freitag im Studentenwohnheim. Die vor kurzem brandgeschulte Ravna und Kaline
standen bald vorbildlich mit Jacke und Leggings über dem Schlafanzug im Flur,
wo sich herausstellte, dass nur jemand auf einem Zimmer geraucht hatte – die meisten
anderen Gäste waren noch nicht einmal aus ihren Betten gekrochen. Bis zum
nächsten Morgen waren immer noch vier Stunden übrig, und so krabbelten auch wir noch einmal zurück.
Fortsetzung folgt...
Fortsetzung folgt...
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