Ich war in letzter Zeit mal
wieder häufiger im ATS-Forum und dabei ist mir aufgefallen, wie viel
Glück ich doch eigentlich habe und wie wenig Probleme. Viele scheinen
momentan Heimweh zu haben, wegen Weihnachten, wollen wechseln oder
abbrechen, haben Stress mit Gastgeschwistern oder der Organisation oder
fühlen sich als der 2. Austauschschüler wie die schlechte
Zweitbesetzung.
Und ich? Ich habe kein Heimweh und hatte keinen
Kulturschock, würde meine ehemalige Ankunftsfamilie nie im Leben
wechseln wollen, bin schon traurig, dass fast die Hälfte der Zeit rum
ist, habe zwei wunderbare Schwestern und einen Bruder, der der
Austauschschüler vom letzten Jahr ist. Und YFU ist hier zwar verplanter
als in Deutschland, aber klein, persönlich und ich fühle mich ganz gut
aufgehoben.
Und nein, es ist nicht alles perfekt. Ich habe nach wie
vor keine richtig guten Freunde. In der Schule bin ich nicht allein,
aber nachmittags mit jemandem treffen, das tu ich eigentlich gar nicht.
Ausser zu Geburtstagsfeiern. Und die Freunde in der Schule sind fast
alle nicht in meiner Klasse, wie ein Teil der Klasse fühle ich mich also
auch nicht unbedingt. Mehr wie ein Teil derer, die sich nicht wie ein
Teil der Klasse fühlen.
Und auch meine Gastfamilie ist nicht perfekt. Natürlich nicht. Keine Familie ist perfekt. Sie sind die liebste Familie Norwegens und ich möchte sie um nichts in der Welt hergeben. Aber es ist nicht immer so toll,
wenn es heisst, 16:00 passiert das und das und 18:00 Uhr hat sich immer
noch nichts getan. Das liegt vielleicht auch an meinen deutschen Zeitvorstellungen, aber ich finde es ziemlich schwierig, mich daran zu gewöhnen.Ordentlicher ist es zu Hause in Deutschland auch, aber das liegt nicht unbedingt an mir und erstreckt sich auch nicht bis in mein Zimmer, also bin ich wohl auch die letzte, die sich darüber eschoffieren darf. Und ja, ich weiß, dass das im Duden anders steht.
Aber warum gehts mir dann trotzdem so
prima? Warum stört mich nicht, was andere stört? Ich bin wohl kaum der
perfekte Austauschschüler, niemand ist das.
Aber ich bin hier
hergekommen, ohne auch nur ein einziges Mal mit meiner Gastfamilie
kommuniziert zu haben. Alles was ich hatte, waren die Namen und eine
Nachricht von Martin auf Facebook. Und sie waren nur Ankunftsfamilie.
Ich hatte überhaupt keine Erwartungen, ich dachte, es wäre nur für ein
paar Wochen und ich wusste auch nicht so recht, wie ich damit umgehen
sollte, dass sie nur Ankuftsfamilie waren. Und dann war ich da, bei
dieser Familie, die den gleichen Humor hat wie ich, mit den
Gastschwestern, die die mit denen es einfach passte und nach einer
Woche waren sie Jahresfamilie. Das immer noch vorhandene
Weihnachtsdeckchen im Wohnzimmer und die allgemeine norwegische
Verplantheit waren mir deswegen ziemlich egal. Es fiel mir auf,
eigentlich störte es mich auch ein bisschen, aber ich hab es einfach nicht beachtet.
Und
die Freunde in der Schule und die Klasse? Wenn ich an die 7. Klasse in
Deutschland denke, habe ich damals auch nicht sehr schnell Freunde
gefunden und bis heute habe ich nur mit drei Leuten etwas, das man als
"Freundschaft" bezeichnen kann, dazu noch einige Freunde in anderen
Klasse. Und in Deutschland konnte ich von anfang an ganz normal mit den
anderen reden. Kann ich dann hier, nachdem ich die ersten 2 1/2 Monate
kein Norwegisch sprach, immer noch nicht perfekt norwegisch spreche,
nach 4 1/2 Monaten erwarten, dass ich mit der ganzen Klasse gut
befreundet bin und wirkliche, gute Freunde gefunden habe? Wohl eher
nicht. Dafür bin ich gar nicht der Typ.
Ich habe eine wunderbare
Gastfamilie, drei Geschwister und ein zweites Zuhause bekommen, ich
spreche Norwegisch und ich denke, damit kann ich vollkommen zufrieden
sein. Der Rest ist schmückendes Beiwerk, hübsch anzusehen, aber nicht
notwendig und schliesslich habe ich noch 5 1/2 Monate Zeit, um zu
dekorieren.
Ich wünsche euch hiermit einen schönen 4. Advent und frohe Weihnachten!
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