Da bin ich wieder. Alle Feiern sind überstanden, aber jetzt gibt es
viel, viel, viel zu viel zu erzählen und ich schulde auch immer noch
einen Bericht über die Hyttetur. Aber wenn ich nicht bald anfange, komm
ich nie dazu. Aaaaaaaaaalso:
Die Hyttetur. Das ist jetzt schon
eine ganze Weile her, das war das letzte Wochenende im November. Mein
Gastvater hat mich und meinen Schlafsack am Freitag nach Grimseid
gefahren, wo die Hütte steht. Die Hütte ist eigentlich keine Hütte,
sondern ein Haus mit Küche, Bad, mehreren Doppelstockbettenzimmern und
einem grossen "Saal" mit Ofen.
Da es in der Woche vorher gerade
richtig kalt geworden war und wir seid längerer Zeit die ersten Besucher
waren, war es eisekalt im ganzen Haus und wir haben erstmal alle
unsere Sachen irgendwo liegenlassen und uns alle 13 in die Küche
gequetscht, weil es da dank laufendem Herd, vielen Leuten und Enge schon
relativ warm war. Gemacht haben wir alles mögliche. Einmal natürlich
getanzt, aber wir haben auch "Mein rechter, rechter Platz ist leer" für
Fortgeschrittene gespielt, oder
Stadt/Land/Nobelpreisgewinner/Instrument. Ausserdem haben wir
Pfefferkuchen gebacken und Tassen angemalt und Tacos gegessen. Tacos ist
hier sowieso ein Nationalgericht, ich møchte mal wissen, woran das
liegt. Kennen tut man das ja auch in Deutschland, aber so häufig gibts
das da nicht.
Das Haus haben wir allerdings nie verlassen, dafür war
es viel zu kalt. Am Sonntag war dann gegen Mittag schluss und
nachmittags war dann Grøtfest mit YFU. Grøtfest bedeutet, dass man
zusammen Unmengen "Risgrøt" (Milchreis) verputzt und wer in seiner
Portion eine Mandel findet, der bekommt einen Preis. Ausserdem konnte
man die ganzen YFU-Leute wiedersehen, auch die anderen beiden ATS, die
hier in der Gegend wohnen. Es ist doch immer wieder ganz nett, sich mal
mit Leuten auszutauschen, die die gleichen Probleme haben. Allerdings
wird es immer merkwürdiger, mit jemandem Deutsch zu sprechen, der sich
nicht an der anderen Seite des Telefons befindet.
Am Wochenende
darauf gab es Besuch aus der Nähe von Oslo - Krissie, eine von den
anderen YFU-Deutschen, war in Bergen um ihre Gastschwester zu besuchen
und wir haben uns zusammen mit Sally (die auch eine YFU-Deutsche ist) in
Bergen getroffen und hatten einen schönen Tag mit Dominosteinen, kalten
Füßen, Wikingerladen und Gemüselasagne - und es war wirklich
faszinierend, das Krissie tatsächlich ein anderes Norwegisch spricht als
Sally und ich.
Und dann war da natürlich letztes Wochenende -
die Klassenfeier ist zwar ausgefallen, weil wir uns alle verplant hatten
und bis Freitag keiner wusste, wo wir denn nun eigentlich hingehen
sollen, aber ansonsten war es wunderbar. Donnerstag abend sind die beste
Freundin meiner Gastmamma und Martin angereist (ich habe von Laura, die
dieses Jahr aus Estland in Norwegen ist, erfahren, wann Martin angkommt
- spricht doch für die Verplantheit der Norweger im Allgemeinen und der
meiner Gastfamilie im Besonderen ... ). Ich wurde dann allgemein
bedauert, weil ich fast die einzige war, die Freitag um 6:00 Uhr
aufstehen musste, um in die Schule zu gehen. Ausgerechnet
Physikblocktag, es war sooo langweilig. Nachmittags als ich nach Hause
kam, war nur Martin da und wir haben die Zeit genutzt, ausführlich über
die Familie zu lästern - nein, so schlimm war es nicht, aber es war ganz
lustig, mal mit einem anderen "Halbaußenstehenden" zu reden. Und ich
hab mich ganz umsonst gegrault, sein Norwegisch ist auch nicht perfekt.
Abends habe ich dann mit einer Gastschwester und Gastmamma die Tische
für die Geburtstagsfeier gedeckt - ich bin immer noch vollkommen
fasziniert. Meine Gastfamilie ist die liebste, aber verplanteste und
aufräumunfähigste Familie Norwegens, aber beim Tischdecken musste alles
tipp-topp sein, mit extra akkurat ausgerichteten Gläsern und gefaltenen
Servietten und extra-polierten Gabeln und was nicht noch alles. Ich bin
ja mehr so der "Das fällt doch eh keinem auf"-Typ, aber was tut man
nicht alles. (-; Am Samstag war dann der grosse Tag -
erstaunlicherweise waren wir alle pünktlich fertig, obwohl 7 Menschen
mit 2 Bädern duschen mussten, wobei das Wasser jeweils nur für eine
Dusche gleichzeitig funktioniert. UND - ich will ein Junge sein.
Wirklich. Ich hasse es, mir Gedanken über "Was soll ich anziehen" machen
zu müssen. Es hieß "schön, aber nicht notwendigerweise Gala", worunter
ich mir natürlich viel vorstellen konnte - ein Hemd und eine Hose wär so
einfach gewesen, aber so? Ringelstrumpfhosen oder nicht, Schuhe hab ich
keine, muss ich welche leihen, mit Absätzen kann ich aber nicht gehen
und schon gar nicht tanzen - uff. Nun, im Endeffekt bin ich nicht nackt
gewesen, aber trotzdem. Die Feier war ganz schön. Es gab Rentier, was
sicher nicht mein Lieblingsgericht wird, aber das Kuchenbuffet war
wunderbar. Es wurde vor dem Essen und nach dem Essen zusammen je ein
Lied gesungen und danach auch getanzt. Insgesamt war es viel besser als
alle Familienfeiern die ich in Deutschland je erlebt habe, allerdings
wurden ich und Martin dauernd von irgendwelchen Verwandten angesprochen,
die uns kannten, an die wir uns aber nicht erinnern konnten. Wir haben
bestimmt 5 mal zu hören bekommen, dass man gar nicht merkt, das wir uns
erst zwei Tage kennen und wie gut wir oder er oder ich norwegisch
sprechen und das wir ja sogar tanzen können und was nicht noch alles.
Und voher Leute, die mich vielleicht zweimal gesehen haben, wissen
wollen, wie ähnlich ich doch meinem Gastvater bin, würde mich auch mal
interessieren. Mein Gastopa spricht konsequent Deutsch oder Englisch mit
mir, auch wenn ich inzwischen auf Norwegisch antworte, ausserdem
spricht er auch Deutsch mit allen anderen, wenn ich dabei bin, nur
versteht das dann keiner. Also ja, der Abend war ein Erlebnis für sich.
Am
Sonntag waren wir dann auf Weihnachtsbaumjagd, schliesslich war ja am
Dienstag schon die erste Weihnachtsfeier. Der Weg war extrem vereist und
niemand hat es geschafft auf den Beinen zu bleiben, aber dafür haben
wir jetzt einen Extra-Klasse-Weihnachtsbaum. Bei den vielen blauen
Flecken muss er einfach schön sein.
Und am Dienstag war dann
Weihnachten. Frühmorgens sind Martin und ich auf den nächsten Berg
gestiegen, um Sonnenaufgangsfotos zu machen, nur leider hat es geschneit
und war neblig, sodass daraus nicht viel geworden ist. Es war auch da
extrem glatt und ich habe runterwärts unfreiwillig ausprobiert, ob es
nicht mit Judo-vorwärts-fallen schneller geht - ja, es geht schneller,
aber ich empfehle es nicht.
Als wir wieder zu Hause waren, gab es
Weihnachtsbrunch, danach Baumschmücken und massenweise Kitzelattacken
und irgendwann auch schon wieder Essen - Pinnekjøtt. Fragt mich nicht,
was das ist, ich weiss es nicht. Es ist irgendwie Schaf oder Lamm und
irgendwie gesalzen oder getrocknet oder beides und es wird irgendwie
gekocht und es sind Birkenstäbchen involviert - es ist essbar, aber
warum man das unbedingt zu Weihnachten essen muss, versteh ich nicht
ganz. Ja, und Geschenke gab es auch. Ich habe zwei Wollunterhemden
bekommen und ich frage mich wirklich, ob jemandem vielleicht aufgefallen
ist, dass ich andauernd friere, egal wie warm es eigentlich ist ...
Tja,
und am Mittwoch/Donnerstag sind dann alle Geschwister nach Peru und
Estland abgehauen und ich bin noch übrig und freue mich auf den nächsten
Weihnachtsabend.
Ich frage mich gerade, ob wohl jemand an Bildern interessiert wäre, auch wenn es keine Bilder mit Personen wären?
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