lørdag 2. august 2014

No cookies in London

Nach genau 38 deutschen, 40 englischen und einer norwegischen Führung ist die Guiding-Saison für mich auch schon wieder fast vorbei. Das letzte Wochenende im August liegt noch in weiter Ferne und morgen werde ich wieder einmal ein Flugzeug besteigen (wozu bin ich eigentlich Teilzeitvegetarier, bei dem Treibstoffverbrauch?) und für drei Wochen auf die Färöer Inseln verschwinden. Mein Koffer ist schon fast gepackt, und wie immer ist er viel zu groß. Einer der vielen Komplexe, mit denen man sich auseinandersetzen muss, wenn man Ravna ist, besteht darin, dass das Gepäck immer möglichst klein sein muss. Mein Unterbewusstsein meint offensichtlich, ein großer Koffer wäre meinem alternativen Ökoimage abträglich, das unter anderem einen Kleiderschrank am unteren Rande des Durchschnitts verlangt. Aber bei drei Wochen, Handtücher und Bettwäsche exklusive, gibt es einfach nicht so viel Spielraum für Koffergrößenkomplexe.
"Why is the Rosenkrantz tower not in Denmark?"
Wenig Raum für Komplexe hat man auch als Fremdenführer, und eigentlich frage ich mich auch immer noch, wie ich 79 Führungen überlebt habe, wo ich doch sonst monatelange Anlaufzeiten brauche, um auch nur einen Termin bei der Studienberaterin zu vereinbaren. Aber auch wenn ich letzte Woche einer Gruppe Schweden erzählt habe, der norwegische König habe im Mittelalter in Schweden gelebt und trotz meiner äußerst kreativen Umschreibung des Wortes „pork“ mit „Uhm, you know … oink, oink?“, sind es dann doch meistens die Touris, die für Heiterkeit sorgen. Der erste Preis  für die Schönste Frage der Saison geht dieses Jahr zu gleichen Teilen an den Engländer mit der giftgrünen Regenjacke, der wissen wollte: "Did the Scots ever try to steal cod from the Norwegians?" und die nette junge Dame mit dem sächsischen Akzent, die verwundert fragte, ob nicht der Transport des Stockfischs von Nordnorwegen bis Bergen viel zu lange dauerte, schließlich mussten die Leute damals doch die ganze Strecke laufen. 
"Do you sometimes feel like a shepherd?"
Manchmal können sie auch gar nichts dafür, dass der Tourguide die ganzen 90 Minuten in sich hineinlacht. Aber es hat schon etwas, wenn Olivia Colman einem in schönstem Fränkisch von ihrem Weinberg erzählt, und dass der Verfasser der aufgrund von Trunkenheit unlesbaren Runeninschrift sicher auch ihr Mann gewesen sein könnte - oder nein, eigentlich war es wohl doch Lischen Müller.

Und dann sind da noch die Leute, die man außerhalb der eigentlichen Führungen trifft. Wie die ältere Dame im grünen Tweedkostüm, die mit einem neugekauften Glas Multebeerenmarmelade in den Museumsladen kam, und uns darum bat, ebenjenes Glas kurz auf den Thresen stellen zu dürfen. Es war gerade nicht viel los in der Rezeption und so kamen wir mit ihr ins Gespräch, das sich bald um die traditionelle Verwendung von Multebeerenmarmelade in Norwegen drehte. Meine beiden Kolleginnen waren auch echte Norwegerinnen, und konnten davon berichten, dass gerade zu Weihnachten Multebeerenmarmelade gerne zusammen mit Sahne in Krumkake gefüllt und gegessen wird. Da sie im Gegensatz zu mir keine intelligenten Links zu Online-Lexika einstellen konnten, landeten wir bald bei der zugegeben etwas holprigen Umschreibung „a kind of cookie“. Unsere Kundin lauschte interessiert, erzählte selbst, wie sie die Marmelade gerne auf Brot oder zum Backen verwende, bat dann noch um ein Stück Papier, um das neuerworbene Glas sicher einwickeln zu können, und machte sich dann auf den Weg Richtung Ausgang. Auf halben Weg drehte sie sich allerdings noch einmal um und kehrte zu uns zurück: „I’m from London, and we don’t say „cookie“ – it’s „biscuit“!“ Sprachs und ging ihrer Wege.
"Why is the door not bigger?"
Ein paar Tage später stand ich vor einer Gruppe von fünf US-Bürgern, die mich anguckten wie ein Auto, als ich ihnen etwas von einem „car park“ erzählte, weil sie das wohl nur unter dem Begriff „parking lot“ kannten, aber angesichts der Tatsache, dass wir direkt vor dem Parkplatz standen und ich ausladent in dessen Richtung fuchtelte, hätten sie vielleicht auch einfach mal ein paar graue Zellen anstrengen können.
Und dann gab es da noch die Dame, die sich plötzlich vor mir aufbaute, als ich von einer Führung kam und auf dem Weg zurück ins Museum war – und sie hatte so einiges, das sie vor mir aufbauen konnte! Hände in die Hüften und dann bellte sie mich an: „WO IST HIER EIN BRIEFKASTEN?“. Ich hatte zwar vorher keinerlei Indikationen gegeben, dass ich in irgendeiner Weise der deutschen Sprache fähig war, aber angesichts der Schnelle des Angriffs hätte ich dazu auch gar keine Zeit gehabt. Ich fügte mich also der Rolle des Kaninchens vor der Schlange. „Ähm, gleich da vorne in der, in der Nebenstraße, dort wo Sie auch das, äh, das rote Holzhaus sehen können, mit dem, dem, Sie sehen schon, Weihnachtsladen?“ Ihrem Gesichtsausdruck nach hätte sie mich wohl gefressen, hätte ich mich nicht rechtzeitig weggeduckt.

Deutsche tragen Gore-tex, egal, wie das Wetter ist.

Amerikaner haben ein zwanghaftes Interesse an Dachziegeln.

Briten sind leicht glücklich zu machen – man muss nur einen Witz über Deutsche erzählen. 

Norweger stellen niemals Fragen. 

Ravna liebt ihren Job. Wirklich. Und jetzt hat sie erstmal Ferien.

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