Es ist der 29. September 2011. Noch 4 Tage bis
zum Nationalfeiertag. Das gesamte Land ist im schwarz-rot-goldenen
Entspurt. Schon seit zwei Wochen gibt es in Super- und Baumärkten,
Drogerien, Krimskram- und Blumenläden und an Kiosken
schwarz-rot-goldenen Flaggen, Schleifen, Servietten, Tröten und
Anstecker in allen denkbaren und undenkbaren Ausführungen zu kaufen. Die
Schaufenster der Kleidergeschäfte – von Kik über H&M bis zu Esprit –
sind mit Fahnen geschmückt und die Schaufensterpuppen tragen rote
Kleider, schwarze Röcke und gelbe Schals. Kurzwaren-, Schuh- und
Spezialgeschäfte sind überlaufen mit Kunden, die noch neue Schürzen oder
Schuhe brauchen oder schon vor Wochen neue Dirndl und Lederhosen
bestellt haben. Im Radio laufen Programme in denen diskutiert wird, ob
man zu Lederhosen Sonnebrille und zum Dirndl Regenschirm tragen darf,
oder ob man damit diese tranditionelle Kleidung verschandelt. Schulbands
und Musikvereine sind seit Wochen damit beschäftigt, die Nationalhymne
und weitere patriotische Lieder einzuüben und Sport- und Tanzvereine
arbeiten fieberhaft daran, ihre Banner noch bis zum Festumzug am 3.
Oktober fertigzustellen. Auf Marktplätzen und in den Hauptstraßen werden
zusätzliche Fahnenmasten aufgestellt und Bühnen aufgebaut und wer noch
keine Stange im Vorgarten oder einen Flaggenhalter an der Hauswand hat,
ist dabei, sich so etwas zu beschaffen. Mit der Post kam gestern ein
großer, schwarz-rot-goldener Flyer in dem das Programm und die Umzüge
der Schulen der Umgebung aufgelisten sind, mitsamt Texten der zu
singenden Lieder, u.a. natürlich die National- und die Kommunalhymne.
Ganz Deutschland ist voll Vorfreude für den großen Feiertag des Jahres.
Nun,
natürlich stimmt das so nicht. Kein Deutscher würde daran denken, den
3. Oktober derartig vorzubereiten und ihn dann – natürlich in Dirndl und
fähnchenschwenkend – mit Kinderumzügen, viel Eis und Würstchen und
jeder Menge Nationalstolz feiern. Aber wenn ihr den obigen Text nehmt
und schwarz-rot-gold mit rot-weiß-blau, den 29. September mit dem
heutigen Datum, den 3. Oktober mit dem 17. Mai, das Dirndl mit dem Bunad
und Deutschland mit Norwegen austauscht – dann ist da nichts mehr
übertrieben. Dieses Land befindet sich im rot-weiß-blauen Entspurt, um
am 17. Mai seinen Nationalfeiertag zu begehen. Und obwohl ich in
Deutschland jede Form von Nationalstolz abgelehnt habe und zur Fraktion
der ganz extremen Fahnen-find-ich-abartig-Personen gehört habe, finde
ich es toll. Und werde vorraussichtlich auch fähnchenschwenkend mit den
Tanzleuten in Bergen im Umzug mitlaufen.
Kinderumzug zum 17. Mai [http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Barnetog_17mai.jpg] |
Aber mehr dazu, wenn das ganze Tamtam
vorbei ist. Außerdem folgt noch ein Beitrag über die norwegische Art
der Abiturfeier, allerdings wird das übersichtlicher, wenn ich es morgen
in einem neuen Post veröffentliche.
„Ja,
wir lieben dieses Land“ ist übrigens die erste Strophe der norwegischen
Nationalhymne. Komplett geht sie so: (bzw. das ist der Teil, der in dem
Programmflyer steht, eigentlich gibt es 8 Strophen; Übersetzung stammt
von mir, ist aber inspiriert von der auf Wikipedia, die ich vor
Urzeiten, als ich der norwegischen Sprache noch nicht mächtig war,
gelesen habe)
som det stiger frem, wie es aufsteigt
furet, værbitt over vannet, zerfurcht, wettergegerbt über dem Wasser
med de tusen hjem. mit den tausend Heimen [ „Zuhause“]
Elsker, elsker det og tenker Lieben, lieben es und denken
På vår far og mor an unseren Vater und [unsere ] Mutter
Og den saganatt som senker und die Saganacht , die
senker drømme på vår jord. Träume auf unsere Erde senkt.
furet, værbitt over vannet, zerfurcht, wettergegerbt über dem Wasser
med de tusen hjem. mit den tausend Heimen [ „Zuhause“]
Elsker, elsker det og tenker Lieben, lieben es und denken
På vår far og mor an unseren Vater und [unsere ] Mutter
Og den saganatt som senker und die Saganacht , die
senker drømme på vår jord. Träume auf unsere Erde senkt.
Ja, vi elsker dette landet, Ja, wir lieben dieses Land
som det stiger frem, wie es aufsteigt
furet, værbitt over vannet, zerfurcht und wettergegerbt über dem Wasser
med de tusen hjem. mit den tausend Heimen
Og som fedres kamp har hevet Und wie der Kampf unserer Väter erhobt
det av nød til seir, es von Not zu Sieg
også vi, når det blir krevet, werden auch wir, wenn es verlangt wird
som det stiger frem, wie es aufsteigt
furet, værbitt over vannet, zerfurcht und wettergegerbt über dem Wasser
med de tusen hjem. mit den tausend Heimen
Og som fedres kamp har hevet Und wie der Kampf unserer Väter erhobt
det av nød til seir, es von Not zu Sieg
også vi, når det blir krevet, werden auch wir, wenn es verlangt wird
for dets fred slår leir. für dessen Frieden Lager aufschlagen
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